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Auch für Blinde ist das Handy mehr als nur ein simples Telefon

Aspekte und Entscheidungshilfen vor der Anschaffung

Vorbemerkung

Wer sich als Blinder oder stark Sehbehinderter entschließt, ein Handy zuzulegen, mit dem nicht nur telefoniert werden soll, muß die Kaufentscheidung innerhalb von 3 Produktbereichen abwägen. Jeder Bereich hat jeweils Vor- und Nachteile, die ich in diesem Abschnitt etwas genauer betrachten möchte, um im Rahmen der Anschaffung eine kleine Entscheidungshilfe zu bieten.

Nachträgliche Installation relativ teurer Screenreader

Vorteile

Es können unter Umständen recht preiswerte Handys genutzt werden. Dieses macht sich bemerkbar, falls für ein nachrüstbares Modell in einem Handelsmarkt eine Verkaufsaktion existiert.

Der Hilfsmittelanbieter der Zusatzsoftware bietet unter anderem akustische Bedienungsanleitungen an, aus der die Handhabung des Handys hervorgeht.

Optional kann unter Umständen eine kleine Braillezeile angeschlossen werden.

Das eingesetzte System kann unter Voraussetzung eines geeigneten Handymodelles um folgende Funktionen erweitert werden:

Der Screenreader TALKS bietet ab Version 5 die Möglichkeit, auch einige Handys mittels Touchscreen zu bedienen. Ob diese Art der Bedienung für Sie geeignet ist, sollte vor einer Anschaffung beim Hilfsmittelvertreiber, auf einer Ausstellung oder vielleicht bei einem Freund sorgfältig ausprobiert werden. Gegebenenfalls kann man kurzfristig auf eine Demoversion im Rahmen einer zeitlich begrenzten Einschaltzeit zurückgreifen.

Nachteile

Nach der Anschaffung eines Handys muß man Zusatzkosten für den Screenreader in Höhe mehrerer hundert Euro einkalkulieren.

Wenn erst einmal der Screenreader erworben wurde, ist dieser lizenzrechtlich an ein spezielles Gerät gebunden. Nehmen wir an, man entscheidet sich irgendwann für ein anderes Handy, so ist für das neu gekaufte Mobiltelefon beim Hilfsmittelvertreiber eine neue Lizenzierung erforderlich, was den Neukauf eines Screenreaders erzwingt, und somit wieder Kosten verursacht. Ausnahmen gelten bei Diebstahl oder Unbrauchbarkeit des alten Gerätes, dieses muß man jedoch nachweisen, was einen entsprechenden administrativen Aufwand fordert. Grundlage dieses Verfahrens ist die sogenannte Imei-Nummer, über die ein Handy identifiziert wird. Seit kurzem hat man jedoch bei TALKS die Chance, sich bei der Lizenzierung auf die SIM-Karte zu beziehen. Dadurch ist zwar der Wechsel eines Handys nicht mehr mit Zusatzkosten verbunden, aber in diesem Fall ist der Anschaffungspreis von TALKS wesentlich höher.

Leider läßt sich nicht jedes im Handel erhältliche Mobiltelefon um einen Screenreader erweitern. Dieser Umstand ist sofern unglücklich, weil die in Frage kommenden Modelle aus kommerziellen Gründen zeitlich nicht unbegrenzt im Handel verfügbar sind. Die Geräte erscheinen und verschwinden in den Läden, dazwischen liegen meist nur Monate.

Der Hilfsmittelanbieter und -vertreiber HANDY TECH veröffentlicht eine Aufstellung der aktuell nachrüstbaren Handys. Hieraus geht auch hervor, welche Telefone sich für Mobilnavigation und Texterkennung eignen.

Der zwischenzeitlich bedeutendste Nachteil

Leider ist das Betriebssystem SYMBIAN, auf dem die hier beschriebenen Screenreader basieren, zwischenzeitlich tot. NOKIA setzt statt dessen als Nachfolger das Betriebssystem WINDOWS MOBILE ein. Dieses verfügt leider über keine Schnittstelle zu einem Screenreader. Somit sind Blinde und Sehbehinderte hinsichtlich der Benutzung von Mobiltelefonen der modernsten NOKIA-Generation abgeschnitten. Diese Personengruppe kann die Handys nicht benutzen! Wie sich dieser bedauerliche Umstand mit den oft zitierten angeblich so guten amerikanischen Gesetzen zum erhalt der Barrierefreiheit vereinbart, ist für mich ein Rätsel.

Wer TALKS oder MOBILE SPEAK weiter verwenden möchte, muß auf das zunehmend schrumpfende Angebot der aussterbenden Handys im Rahmen der SYMBIAN-Generation zurückgreifen, wobei irgendwann ausschließlich der Gebrauchtwarensektor übrigbleibt. Das hat darüber hinaus die Einstellung der Weiterentwicklung dieser Hilfsmittelsoftware zur Folge.

Normales Handy mit serienmäßig installiertem Screenreader

Vorteile

Das Handy ist werksseitig für jeden Käufer, egal ob sehend, sehbehindert oder blind, mit einem Screenreader ausgestattet. Dieser muß nur per Bedarf eingeschaltet werden. Es fallen somit keine Zusatzkosten an, die mit der Nachrüstung von TALKS oder MOBILE SPEAK verbunden sind. Kaufen, einschalten, einmalig konfigurieren und benutzen!

Zwischenzeitlich existieren im Handel auch kleine Braillezeilen, die drahtlos mit dem IPHONE verbunden werden können.

Nachteile

Zur Zeit gibt es nur ein zuverlässiges Handy, das werksseitig mit einem Screenreader ausgestattet ist. Es handelt sich hierbei um das IPHONE von APPLE. Dieses Handy ist extrem teuer oder mit hohen Monatsgebühren seitens des Mobilproviders verbunden.

Das IPHONE ist nur mittels Touchscreen bedienbar. Wer damit Probleme hat oder sich keine Routine verbunden mit der entsprechenden Handhabung zutraut, sollte auf diesen Weg verzichten oder längere Trainingsphasen einkalkulieren.

Darüber hinaus kann man die Anwendung LOADSTONE nicht mit dem IPHONE betreiben. Jedoch existieren allgemein gebräuchliche und gleichzeitig zugängliche Navigationssysteme.

Warten auf eine preiswerte und Brauchbare Lösung

Verbunden mit dem Betriebssystem Android hat man versucht, für Blinde und Sehbehinderte Handys zugänglich zu machen. Jegliche Demonstrationen schienen mir bislang nicht sehr überzeugend. Die Geräte wirkten auf mich wie elektronische Zufallsgeneratoren. Manchmal funktionierte es - manchmal auch nicht. Die Zuverlässigkeit ließ oft zu wünschen übrig. Es mag ja sein, dass der eine oder andere eine andre Meinung vertritt und meint, ein derartiges Handy erfolgreich einzusetzen. Mir erscheint dieses jedoch als Experimentiersucht, aber Ich lasse mich gern von einer anderen Meinung überzeugen.

Wann, wie und zu welchen Konditionen das barrierefreie Handy mittels Android zuverlässig laufen wird, ist zur Zeit noch offen. Wahrscheinlich wird es auch beim aktuellen Status bleiben.

1999 � Copyright by Matthias Hänel, Norderstedt
Letzte Änderung 10.10.2013