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Auch für Blinde ist das Handy mehr als nur ein simples Telefon

Nachträglich installierte Software bringt Handys zum sprechen

Übersicht

Allgemeines

Seit einigen Jahren drängt sich für Blinde und Sehbehinderte zunehmend der Wunsch nach einem Mobiltelefon mit integrierter Sprachausgabe auf. Diesen Wunsch erfüllt das zwischenzeitlich praktikable Verfahren, das Handy mit speziell für diesen Zweck entwickelter Software zu betreiben. Wie bei einem Computersystem liest die Software das Handydisplay aus und stellt die gewünschten Informationen mit Hilfe einer synthetischen Sprache dar. Auch hier wird das zur Erschließung des Displays herangezogene Hilfsprogramm Screenreader genannt. Es müssen 3 Voraussetzungen existieren, um dieses Verfahren einzusetzen:

Jedoch ist zwischenzeitlich besagtes Betriebssystem SYMBIAN tot. Sollten Sie also großen Wert darauf legen, moderne Handys einzusetzen, können Sie diesen Abschnitt gern verlassen und sich alternativ mit dem IPHONE auseinandersetzen.

Talks

Auf der CEBIT 2002 wurde zum ersten mal ein PDA (Personal Digital Assistent) der Firma Nokia gezeigt, das in der Lage war, auf der Flash-Karte des Gerätes frei programmierbare Zusatzsoftware laufen zu lassen. Des weiteren besaß das kleine aufklappbare Gerätchen ein integriertes Handy, eine PC-Tastatur im Miniaturformat und einen Lautsprecher, der normalerweise der integrierten Freisprecheinrichtung diente. Alle Kriterien hat man genutzt, einen Screenreader zu entwickeln, der den Bildschirm dieses Systemes ausliest, um das Ergebnis mittels des integrierten Lautsprechers wiederzugeben.

PDA und installierte Zusatzsoftware versetzten ab diesem Zeitpunkt den Besitzer in die Lage, alle gängigen Funktionalitäten eines Handys einzusetzen, ohne auf die Augen oder einen zusätzlich angeschlossenen Computer angewiesen zu sein. Eingegangene SMS-Nachrichten, eingegebene Kontaktdaten oder Notizen wurden vorgelesen. Die übermittlung der umgekehrten Informationsrichtung zur Eingabe von Kurznachrichten und allen anderen Daten hat man über die eingebaute Miniaturtastatur abgewickelt.

Inzwischen ist das PDA vom Markt verschwunden, aber Talks mit allen damit verbundenen Funktionen ist geblieben! Der Entwickler und Anbieter von Talks hat es nämlich ermöglicht, besagtes Produkt in Kombination mit modernen und kontinuierlich im Handel verfügbaren Handys zu betreiben. Diese kleinen Handys besitzen zwar keine Miniaturtastatur, aber auch Blinde können wie ihre sehenden Mitmenschen nach einer bestimmten Eingewöhnungsphase die normale Handytastatur zur Dateneingabe verwenden.

Talks wird bei Handys eingesetzt, die unter dem Betriebssystem "Symbian ⁄ OS" laufen. Nähere Informationen über technische Details, den aktuellen Stand der Nutzbaren Handymodelle und den Bezug der Talks-Software können Sie auf der Nuance Talks-Homepage erhalten. Dort finden Sie auch ein Händlerverzeichnis.

Sie haben die Möglichkeit, an dieser Stelle einige Proben der im Rahmen von Talks genutzten Sprachausgabe namens ELOQUENZ anzuhören. Auf diese Weise besteht eine gute Chance, sich in kurzer Zeit einen Eindruck über die seitens des Handys bereitgestellten Informationen zu verschaffen.

Auf der Homepage der ISCB (Interessengemeinschaft sehgeschädigter Computerbenutzer) kann man sich im dortigen Audiobereich eine akustische Vorführung zu Talx von Michael Lang anhören. Leider ist Michael Lang im Jahre 2008 verstorben. Er zeigte ausführlich, wie man beispielsweise das Nokia 6600 bedient. Funktionen zum Empfang und Versenden von SMS-Nachrichten, die Pflege der Kontaktliste sowie die Handhabung des Terminkalenders werden umfangreich erläutert. Achtung! Das vorgeführte Handy 6600 von NOKIA entspricht nicht mehr dem modernen und aktuellen Stand der Technik! Das in dem Beitrag erwähnte Problem der manchmal auftretenden verzögernden Sprachausgabe tritt bei modernen Handys äußerst selten auf.

Weiterhin ging Michael Lang darauf ein, das Handy über BLUETOOTH mit einem kleinen Braillenotizgerät namens Braillino zu verbinden. Unter dieser Voraussetzung kann man alternativ zur Sprachausgabe das Handydisplay mittels einer 20er Braillezeile auslesen. Der Bericht dauert ca. 40 Minuten.

ADNOTA Speak

ADNOTA Speak ist ein weiteres auf dem Markt erschienenes Vorleseprogramm für das Handydisplay. Dieses Produkt und die damit verbundene Funktionssystematik ist dem Konkurrenzsystem TALKS sehr ähnlich, zumal man dieses Produkt auch nur unter dem Betriebssystem SYMBIAN betreiben kann. Deshalb sollen an dieser Stelle nur Besonderheiten in Kombination mit ADNOTA Speak erwähnt werden.

Bei der verwendeten Sprachausgabe handelt es sich um die "Text-to-Speach Engine". Die Sprache soll konkatenativ und äußerst natürlich sein. Wer große Bedeutung auf Internetanwendungen bei Handys legt, sollte von ADNOTA vorerst Abstand nehmen. Zum Lieferumfang gehört ein Zusatzprogramm, welches dem Handy die Funktion eines komfortablen akustischen Notizbuches verleiht. Der Preis des Screenreaders wird zur Zeit mit ca. 250 Euro angegeben und liegt damit niedriger als beispielsweise bei TALKS. Außerdem ist der Aufwand für die Installation im Preis enthalten.

ADNOTA Speak ist bei dem Blinden Hilfsmittel Vertrieb Dresden erhältlich.

Mobile Speak

Bei Mobile Speak handelt es sich um ein Produkt, das verglichen mit den in dieser Rubrik bereits erläuterten Programmen Talks bzw. Adnota Speak als Screenreader-Software auf dem Handy installiert wird. Dieses Programm unterstützt die Betriebssysteme Symbian und WINDOWS MOBILE STANDARD. Die Software ist für ca. 250 Euro erhältlich, wobei die Dienstleistung der Basisinstallation im Kaufpreis enthalten sein soll. Fragen Sie den Händler nach einem sogenannten Bundle-Paket! Nähere Information zum Bezug dieser Software findet man bei folgenden Anbietern:

Smart Hal

Smart Hal von Dolphin ist ein weiteres Vorleseprogramm für Handynutzer. Dieses Produkt unterstützt das Betriebssystem WINDOWS MOBILE STANDARD. Wer also großen Wert darauf legt, kein Handy von Nokia einzusetzen, sollte sich Smart Hal zulegen.

Folgende Hersteller von Handys werden seitens Smart Hal unter anderem unterstützt:

Man sollte jedoch bei seinem Händler nachfragen, ob das gewünschte Handy auch seitens Smart Hal unterstützt wird.

Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass die in den folgenden Abschnitten erläuterte Zusatzsoftware nicht unter dem Betriebssystem WINDOWS MOBILE STANDARD einsetzbar ist. Wer somit Wert darauf legt, LOADSTONE, WAYFINDER sowie den KNFB-Reader zu benutzen, oder dieses mittelfristig einplant, muß auf Handys zurückgreifen, die SYMBIAN verwenden, was sich natürlich auf die Auswahl der entsprechenden Handy-Zusatzsoftware auswirkt.

Der Preis von Smart Hal liegt unter 300 Euro. Die Software ist bei der Firma Flusoft erhältlich.

Fazit

Software, die ein Mobiltelefon zum sprechenden Handy aufwertet, eröffnet für Blinde und Sehbehinderte eindeutig den Weg zur mobilen Kommunikation mit allem, was in heutiger Zeit dazugehört. Die neben dem eigentlichen Handy zusätzliche Investition zwischen 250 und 350 Euro mag mehr oder weniger erschwinglich sein. Man muß sich jedoch bezogen auf die Bedienung und Handhabung nicht nur mit dem Handy auseinandersetzen, sondern der Screenreader bzw. die Bedienungssoftware erfordert eine weitere Einarbeitungszeit und Routine beim Umgang. Im Prinzip sind 2 Bedienungsanleitungen für ein Gerät erforderlich. Außerdem hat es sich vorwiegend bei Handys mit einer nicht mehr auf dem aktuellen Stand der Technik befindlichen Hardware gezeigt, dass die Zusatzsoftware manchmal stottert, verzögert arbeitet oder den Betrieb verweigert, bis das Mobiltelefon neu eingeschaltet wird. Zusatzsoftware gehört nun einmal, wie es das Wort schon bezeichnet, nicht zur Basiskonzeption eines Gerätes. Weiterhin darf nicht unerwähnt bleiben, dass Blinde in den meisten Fällen die Installation des Zusatzprogrammes nicht allein vornehmen können. Entweder wird eine sehende Person im Umfeld benötigt, oder man zahlt unter Umständen beim Anbieter Zusatzkosten für eine entsprechende Installation seitens des Verkäufers. Man muß unbedingt beim Händler vor der Anschaffung nachfragen, ob der Service einer Installation im Kaufpreis enthalten ist.

1999 � Copyright by Matthias Hänel, Norderstedt
Letzte Änderung 28.7.2011